Ein Leitfaden zur Philosophie: Ein Blick auf Schlüsselkonzepte und Ideen - 2024
Spezifische Merkmale des wissenschaftlichen Wissens
Besonderheiten des wissenschaftlichen Wissens
Wissen und Erkenntnis
Wissenschaftliches Wissen ist, wie alle Formen geistiger Produktion, letztlich notwendig, um die Praxis zu lenken und zu regulieren. Doch die Umgestaltung der Welt kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie mit den objektiven Gesetzen der Veränderung und Entwicklung ihrer Objekte in Einklang steht. Daher besteht die Hauptaufgabe der Wissenschaft darin, diese Gesetze zu erkennen. Im Hinblick auf die Prozesse der Veränderung der Natur kommen diese Aufgaben den Natur- und Ingenieurwissenschaften zu. Die Veränderung sozialer Objekte wird von den Sozialwissenschaften erforscht. Da in der menschlichen Tätigkeit die unterschiedlichsten Objekte verändert werden können — Naturgegenstände, der Mensch (und die Zustände seines Bewusstseins), Teilsysteme der Gesellschaft, symbolische Objekte, die als Phänomene der Kultur fungieren, und vieles mehr — können all diese Objekte zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung werden.
Die Ausrichtung der Wissenschaft auf die Untersuchung von Objekten, die in die menschliche Tätigkeit einbezogen werden können (sei es aktuell oder potenziell, als mögliche Objekte zukünftiger Eroberung), und ihre Untersuchung als der objektiven Gesetzmäßigkeit des Funktionierens und der Entwicklung unterworfen, stellt ein zentrales Merkmal der wissenschaftlichen Erkenntnis dar. Dieses Merkmal unterscheidet die Wissenschaft von anderen Formen menschlicher Erkenntnistätigkeit. So werden im Prozess der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit die Objekte, die in die menschliche Tätigkeit eingebunden sind, nicht von subjektiven Faktoren getrennt, sondern in einer eigenartigen "Verklebung" mit ihnen erfasst. Jede Wiedergabe der objektiven Welt im Kunstwerk drückt gleichzeitig die wertende Haltung des Menschen zum Objekt aus. Das künstlerische Bild ist eine Reflexion des Objekts, die den Abdruck der menschlichen Persönlichkeit und ihrer wertorientierten Ausrichtung enthält, als wäre diese in die Merkmale der dargestellten Realität “eingewoben“. Die Trennung dieses wechselseitigen Eindringens würde das künstlerische Bild zerstören. In der Wissenschaft jedoch sind die Lebensmerkmale der Person, die das Wissen schafft, ihre wertenden Urteile nicht direkt Bestandteil des erzeugten Wissens (die Gesetze Newtons erlauben keine Aussagen darüber, was Newton liebte oder hasste, während beispielsweise in den Porträts von Rembrandt die Persönlichkeit Rembrandts, sein Weltempfinden und seine persönliche Haltung gegenüber den dargestellten Phänomenen eingefangen sind — das von einem großen Künstler geschaffene Porträt fungiert in gewisser Weise auch als Selbstporträt). Die Wissenschaft ist auf die objektive und sachliche Untersuchung der Wirklichkeit ausgerichtet. Daraus folgt natürlich nicht, dass die persönlichen Merkmale und wertorientierten Haltungen des Wissenschaftlers keine Rolle im wissenschaftlichen Schaffen spielen und nicht auf dessen Ergebnisse Einfluss nehmen.
Wissenschaftliches Wissen reflektiert die Objekte der Natur nicht in Form von Betrachtung, sondern in Form von Praxis. Der Prozess dieser Reflexion wird dabei nicht nur durch die Besonderheiten des zu erforschenden Objekts bestimmt, sondern auch durch eine Vielzahl soziokultureller Faktoren.
Betrachtet man die Wissenschaft in ihrer historischen Entwicklung, so lässt sich feststellen, dass sich mit der Veränderung des Kulturtyps auch die Standards der Darlegung wissenschaftlichen Wissens, die Sichtweisen auf die Realität in der Wissenschaft und die Denkstile verändert haben, die im Kontext der Kultur gebildet wurden und von den unterschiedlichsten Phänomenen dieser Kultur beeinflusst werden. Dieser Einfluss kann als das Einfließen verschiedener soziokultureller Faktoren in den Prozess der Entstehung wissenschaftlichen Wissens dargestellt werden. Doch die Feststellung der Verbindungen zwischen dem Objektiven und Subjektiven in jedem Erkenntnisprozess und die Notwendigkeit einer umfassenden Untersuchung der Wissenschaft in ihrem Wechselspiel mit anderen Formen geistiger Tätigkeit des Menschen heben die Frage nach den Unterschieden zwischen Wissenschaft und diesen Formen (alltäglichem Wissen, künstlerischem Denken usw.) nicht auf. Das erste und wesentlichste unter diesen Unterschieden ist die Objektivität und Sachlichkeit wissenschaftlicher Erkenntnis.
Jedoch beschränkt sich die Wissenschaft bei der Untersuchung von Objekten, die in der Tätigkeit verändert werden, nicht nur auf das Erkennen derjenigen sachlichen Zusammenhänge, die im Rahmen der bestehenden, historisch gewachsenen Formen und Stereotypen der Tätigkeit der Gesellschaft erfasst werden können. Wissenschaft strebt auch danach, Wissensgrundlagen für zukünftige Formen der praktischen Veränderung der Welt zu schaffen.
Daher umfasst die Wissenschaft nicht nur Untersuchungen, die der heutigen Praxis dienen, sondern auch solche, deren Ergebnisse erst in der Zukunft Anwendung finden können. Die Bewegung des Wissens insgesamt ist nicht nur durch die unmittelbaren Anforderungen der Praxis bedingt, sondern auch durch die erkenntnistheoretischen Interessen, die die Bedürfnisse der Gesellschaft im Hinblick auf die Prognose zukünftiger Wege und Formen der praktischen Welteroberung widerspiegeln. Ein Beispiel dafür sind die innerhalb der wissenschaftlichen Disziplinen aufgeworfenen Fragen und deren Lösung im Rahmen grundlegender theoretischer Untersuchungen der Physik, die zur Entdeckung der Gesetze des elektromagnetischen Feldes, zur Vorhersage elektromagnetischer Wellen, zur Entdeckung der Gesetze der Atomkernspaltung, der quantenmechanischen Strahlungsgesetze von Atomen beim Übergang von Elektronen zwischen energetischen Zuständen führten und so weiter. All diese theoretischen Entdeckungen legten die Grundlage für zukünftige angewandte ingenieurtechnische Forschungen und Entwicklungen. Die Implementierung dieser Entwicklungen in die Produktion revolutionierte wiederum die Technik und Technologie — es entstanden Radioelektronik, Atomkraftwerke, Lasergeräte usw.
Die Ausrichtung der Wissenschaft auf die Untersuchung nicht nur von Objekten, die in der heutigen Praxis verändert werden, sondern auch von solchen, die in der Zukunft Gegenstand einer breiten praktischen Nutzung werden könnten, stellt das zweite unterscheidende Merkmal wissenschaftlicher Erkenntnis dar. Dieses Merkmal ermöglicht es, wissenschaftliches Wissen von alltäglichem, spontan-empirischen Wissen zu unterscheiden und eine Reihe konkreter Definitionen aufzustellen, die die Natur der wissenschaftlichen Forschung charakterisieren.
Zuallererst befasst sich die Wissenschaft mit einer besonderen Reihe von Objekten der Wirklichkeit, die nicht auf die Objekte alltäglichen Erfahrens reduzierbar sind. Die Besonderheiten der Objekte der Wissenschaft machen die Mittel, die im alltäglichen Wissen verwendet werden, für deren Erfassung unzureichend. Zwar benutzt die Wissenschaft auch die natürliche Sprache, doch sie kann nicht allein auf deren Basis ihre Objekte beschreiben und untersuchen. Erstens ist die Alltagssprache für die Beschreibung und Vorhersage von Objekten geeignet, die in die gegenwärtige menschliche Praxis eingebunden sind (während die Wissenschaft über diese Grenzen hinausgeht); zweitens sind die Begriffe der Alltagssprache vage und mehrdeutig, ihr genauer Sinn zeigt sich meist nur im Kontext der sprachlichen Kommunikation, die durch den alltäglichen Erfahrungshorizont kontrolliert wird. Die Wissenschaft jedoch kann sich nicht auf diesen Kontrollmechanismus stützen, da sie hauptsächlich mit Objekten zu tun hat, die nicht in der alltäglichen praktischen Tätigkeit erfasst wurden. Um die untersuchten Phänomene zu beschreiben, strebt sie daher an, ihre Begriffe und Definitionen so klar wie möglich zu fixieren.
Die Entwicklung einer speziellen Sprache, die für die Beschreibung von Objekten geeignet ist, die aus der Perspektive des gesunden Menschenverstandes ungewöhnlich erscheinen, stellt eine notwendige Voraussetzung für die wissenschaftliche Forschung dar. Die Sprache der Wissenschaft entwickelt sich ständig weiter, während sie immer neue Bereiche der objektiven Welt erschließt. Dabei übt sie einen umgekehrten Einfluss auf die Alltagssprache aus. So waren Begriffe wie “Elektrizität“ oder “Klonierung“ einst spezifische wissenschaftliche Termini, die dann jedoch fest in die Alltagssprache eingingen.
Neben dieser künstlichen, spezialisierten Sprache erfordert die wissenschaftliche Forschung ein besonderes System spezifischer Werkzeuge, die es ermöglichen, die möglichen Zustände des zu untersuchenden Objekts unter kontrollierten Bedingungen zu erkennen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit spezieller wissenschaftlicher Apparaturen (Messinstrumente, Geräteeinrichtungen), die es der Wissenschaft ermöglichen, neue Objekttypen experimentell zu untersuchen.
Wissenschaftliche Apparaturen und die Sprache der Wissenschaft sind vor allem Produkte bereits gewonnener Erkenntnisse. Doch ähnlich wie in der praktischen Arbeit Produkte der Arbeit zu Arbeitsmitteln werden, so verwandeln sich in der wissenschaftlichen Forschung die Ergebnisse — das wissenschaftliche Wissen, ausgedrückt in Sprache oder materialisiert in Instrumenten — in ein Mittel für die weitere Forschung und die Gewinnung neuer Erkenntnisse.
Die Besonderheiten der Objekte der wissenschaftlichen Forschung lassen sich auch auf die wesentlichen Merkmale wissenschaftlicher Erkenntnisse als Produkt wissenschaftlicher Tätigkeit zurückführen. Ihre Wahrhaftigkeit kann nicht mehr allein durch ihre Anwendung in der Produktion und im alltäglichen Leben begründet werden. Die Wissenschaft entwickelt spezifische Methoden zur Begründung der Wahrhaftigkeit des Wissens: den experimentellen Nachweis des gewonnenen Wissens und die Ableitbarkeit eines Wissens aus anderem, dessen Wahrhaftigkeit bereits nachgewiesen wurde. Die Verfahren der Ableitbarkeit gewährleisten nicht nur den Transfer der Wahrhaftigkeit von einem Wissensfragment auf ein anderes, sondern verknüpfen sie auch miteinander und organisieren sie zu einem System. Systematik und Begründetheit wissenschaftlichen Wissens sind ein weiteres wesentliches Merkmal, das es von den Ergebnissen alltäglicher Erkenntnistätigkeit unterscheidet.
In der Geschichte der Wissenschaft lassen sich zwei Entwicklungsphasen unterscheiden: die entstehende Wissenschaft (Vorforschung) und die Wissenschaft im eigentlichen Sinne. In der Phase der Vorwissenschaft spiegelt das Wissen vor allem jene Dinge und die Methoden ihrer Veränderung wider, mit denen der Mensch in der Produktion und im alltäglichen Leben häufig konfrontiert wird. Diese Dinge, Eigenschaften und Beziehungen wurden in der Form idealer Objekte fixiert, mit denen das Denken als spezifische Gegenstände arbeitete, die die Objekte der realen Welt ersetzten. Indem es die ursprünglichen idealen Objekte mit den entsprechenden Operationen ihrer Transformation verband, baute die frühe Wissenschaft auf diese Weise Modelle der Veränderungen von Objekten, die in der Praxis realisiert werden konnten. Ein Beispiel für solche Modelle sind die Kenntnisse über die Operationen der Addition und Subtraktion ganzer Zahlen. Dieses Wissen stellt ein ideales Schema praktischer Transformationen dar, die an materiellen Zusammenschlüssen vollzogen werden.
Doch mit der Weiterentwicklung des Wissens und der Praxis entsteht parallel dazu eine neue Art der Wissensbildung. Sie besteht darin, dass man die Schemata der materiellen Beziehungen durch die Übertragung bereits geschaffener idealer Objekte aus anderen Wissensbereichen bildet und sie in ein neues System integriert, ohne sich unmittelbar auf die Praxis zu stützen. Auf diese Weise entstehen hypothetische Modelle der materiellen Verbindungen der Wirklichkeit, die dann direkt oder indirekt durch die Praxis begründet werden.
Zu Beginn setzte sich diese Methode der Wissensbildung in der Mathematik durch. So weitete die Mathematik nach der Entdeckung der negativen Zahlen alle Operationen, die für positive Zahlen angenommen wurden, auf diese aus und schuf auf diese Weise neues Wissen, das zuvor unerforschte Strukturen der objektiven Welt charakterisierte. Später kam es zu einer neuen Erweiterung des Zahlenbereichs: die Anwendung von Wurzelauszügen auf negative Zahlen bildete eine neue Abstraktion — die “imaginäre Zahl“. Auch auf diesen neuen Klassentyp von idealen Objekten wurden alle Operationen angewandt, die auf natürliche Zahlen angewendet wurden.
Dieser beschriebene Wissensbildungsprozess setzte sich nicht nur in der Mathematik durch. Er verbreitete sich nach ihr auf den Bereich der Naturwissenschaften. In den Naturwissenschaften ist er als Methode der Aufstellung hypothetischer Modelle der Realität (Hypothesen) mit ihrer späteren Bestätigung durch Erfahrung bekannt. Durch die Methode der Hypothesen befreit sich die wissenschaftliche Erkenntnis gewissermaßen von der strengen Bindung an die gegenwärtige Praxis und beginnt, zukünftige Methoden zur Veränderung von Objekten vorherzusagen, die prinzipiell in der Zukunft beherrscht werden könnten. Ab diesem Zeitpunkt endet die Phase der Vorwissenschaft und beginnt die Wissenschaft im eigentlichen Sinne. In ihr wird neben empirischen Abhängigkeiten und Fakten (die bereits die Vorwissenschaft kannte) eine besondere Art von Wissen entwickelt — die Theorie.
Ein weiteres wesentliches Unterscheidungsmerkmal der wissenschaftlichen Forschung gegenüber der alltäglichen Erkenntnis sind die Unterschiede in den Methoden der Erkenntnistätigkeit. Die Objekte, auf die sich die alltägliche Erkenntnis richtet, bilden sich in der alltäglichen Praxis heraus. Die Methoden, mit denen jedes solcher Objekte als Erkenntnisgegenstand ausgewählt und fixiert wird, sind in der Regel nicht als spezifische Erkenntnismethoden vom Subjekt wahrgenommen. Ganz anders verhält es sich in der wissenschaftlichen Forschung. Hier besteht schon die Entdeckung eines Objekts, das weiter untersucht werden soll, oft in einer arbeitsintensiven Aufgabe.
Um beispielsweise kurzlebige Teilchen — Resonanzen — zu entdecken, führt die moderne Physik Experimente zur Streuung von Teilchenstrahlen durch und wendet anschließend komplexe Berechnungen an. Gewöhnliche Teilchen hinterlassen Spuren — Spuren — in Fotomaterialien oder in der Wilson-Kammer, während Resonanzen solche Spuren nicht hinterlassen. Sie leben nur eine sehr kurze Zeit (10^-22 bis 10^-24 Sekunden) und durchlaufen in dieser Zeit einen Abstand, der kleiner als die Größe eines Atoms ist. Daher kann eine Resonanz keine Ionisation der Moleküle der Fotoemulsion (oder des Gases in der Wilson-Kammer) verursachen und hinterlässt keine beobachtbare Spur. Wenn jedoch die Resonanz zerfällt, können die dabei entstehenden Teilchen Spuren hinterlassen, die dem oben beschriebenen Typ entsprechen. Auf Fotos erscheinen sie als eine Reihe von Strahlen, die aus einem Zentrum herausgehen. Anhand der Charakteristik dieser Strahlen und unter Anwendung mathematischer Berechnungen kann der Physiker das Vorhandensein der Resonanz bestimmen. Um also mit dem gleichen Resonanztouch zu arbeiten, muss der Forscher die Bedingungen kennen, unter denen das betreffende Objekt erscheint. Er muss die Methode eindeutig definieren, mit der das Teilchen im Experiment entdeckt werden kann. Ohne diese Methode wird er das untersuchte Objekt nicht aus den zahlreichen Beziehungen und Wechselwirkungen der Objekte der Natur herausfiltern können.
Um ein Objekt zu fixieren, muss der Wissenschaftler die Methoden dieser Fixierung kennen. Daher wird in der Wissenschaft die Untersuchung von Objekten, das Aufdecken ihrer Eigenschaften und Zusammenhänge immer begleitet von der Bewusstwerdung der Methoden, durch die die Objekte untersucht werden. Objekte werden dem Menschen stets in einem System bestimmter Mittel und Methoden seiner Tätigkeit gegeben. Doch in der Wissenschaft sind diese Mittel nicht mehr offensichtlich, sie sind keine in der alltäglichen Praxis immer wiederkehrenden Verfahren. Je weiter die Wissenschaft sich von den gewohnten Dingen der alltäglichen Erfahrung entfernt und in die Untersuchung “ungewöhnlicher“ Objekte eindringt, desto klarer und deutlicher tritt die Notwendigkeit zutage, die Methoden zu erkennen, durch die die Wissenschaft diese Objekte herausgreift und untersucht. Neben dem Wissen über die Objekte bildet die Wissenschaft auch Wissen über die Methoden wissenschaftlicher Tätigkeit. Das Bedürfnis, Wissen über diese Methoden zu entwickeln und zu systematisieren, führt in den höheren Entwicklungsstufen der Wissenschaft zur Entstehung einer Methodologie als besonderen Zweig der wissenschaftlichen Forschung, der als Leitfaden für die wissenschaftliche Suche anerkannt ist.
Schließlich erfordert die wissenschaftliche Tätigkeit eine besondere Ausbildung des erkennenden Subjekts, in deren Verlauf es sich die historisch gewachsenen Mittel der wissenschaftlichen Forschung aneignet und in den Techniken und Methoden des Umgangs mit diesen Mitteln geschult wird. Die Einbeziehung des Subjekts in die wissenschaftliche Tätigkeit bedeutet neben dem Erwerb spezieller Mittel und Methoden auch das Erlernen eines bestimmten Systems von Wertorientierungen und Zielvorgaben, die für die Wissenschaft spezifisch sind. Als eine der grundlegenden Ausrichtungen wissenschaftlicher Tätigkeit strebt der Wissenschaftler die Suche nach Wahrheit an, wobei er diese als höchsten Wert der Wissenschaft begreift. Diese Ausrichtung manifestiert sich in einer Reihe von Idealen und Normen wissenschaftlichen Wissens, die seine Spezifik ausdrücken: in bestimmten Standards der Wissensorganisation (zum Beispiel die Anforderungen an die logische Konsistenz einer Theorie und ihre empirische Bestätigbarkeit), in der Suche nach Erklärungen von Phänomenen auf der Grundlage von Gesetzen und Prinzipien, die die wesentlichen Verbindungen der untersuchten Objekte widerspiegeln, und so weiter. Ebenso wichtig ist die Ausrichtung auf das stetige Wachstum des Wissens, das Erlangen neuen Wissens. Diese Ausrichtung äußert sich auch in einem System normativer Anforderungen an die wissenschaftliche Kreativität (zum Beispiel das Verbot von Plagiaten, die Zulässigkeit der kritischen Überprüfung der Grundlagen wissenschaftlicher Forschung als Bedingungen für das Erschließen neuer Objekttypen und so weiter).
Das Vorhandensein spezifischer Normen und Ziele der wissenschaftlichen Erkenntnistätigkeit sowie spezifischer Mittel und Methoden, die das Erforschen immer neuer Objekte ermöglichen, erfordert eine gezielte Ausbildung von Fachwissenschaftlern. Dieses Bedürfnis führt zur Entstehung des “universitären Teils der Wissenschaft“ — besonderer Organisationen und Einrichtungen, die die Ausbildung wissenschaftlicher Fachkräfte gewährleisten.
So lässt sich bei der Charakterisierung der Natur wissenschaftlicher Erkenntnis ein System von Unterscheidungsmerkmalen der Wissenschaft herausarbeiten, zu denen die Hauptmerkmale gehören: a) die Objektivität und Sachlichkeit des wissenschaftlichen Wissens; b) der Ausstieg der Wissenschaft über den Rahmen des alltäglichen Erlebens hinaus und die Untersuchung von Objekten, die relativ unabhängig von den heutigen Möglichkeiten ihrer praktischen Verwertung sind (wissenschaftliches Wissen bezieht sich immer auf eine breite Klasse praktischer Situationen der Gegenwart und Zukunft, die niemals im Voraus festgelegt ist). Alle anderen notwendigen Merkmale, die die Wissenschaft von anderen Formen der Erkenntnistätigkeit unterscheiden, sind Ableitungen dieser Hauptmerkmale und durch sie bedingt.