Mittelalterliche Philosophie - Geschichte der westlichen Philosophie

Ein Leitfaden zur Philosophie: Ein Blick auf Schlüsselkonzepte und Ideen - 2024



Mittelalterliche Philosophie

Geschichte der westlichen Philosophie

Während die griechische Philosophie auf dem Boden der antiken Sklavenhaltergesellschaft erwuchs, gehört die philosophische Gedankenwelt des Mittelalters zur Epoche des Feudalismus (5. bis 15. Jahrhundert). Es wäre jedoch falsch, den Übergang von einer Gesellschaftsordnung zur anderen als plötzlich zu betrachten. In Wirklichkeit war die Bildung eines neuen Gesellschaftstyps ein langwieriger Prozess. Obwohl der Beginn des Mittelalters häufig mit dem Fall des Weströmischen Reiches (476 n. Chr.) in Verbindung gebracht wird, ist dieses Datum eher willkürlich. Die Eroberung Roms konnte weder die sozialen und ökonomischen Verhältnisse noch den Lebenswandel, noch die religiösen Überzeugungen und philosophischen Lehren der betreffenden Epoche von einem Moment auf den anderen verändern. Der Zeitraum der Herausbildung der mittelalterlichen Kultur, des neuen Typs von religiösem Glauben und philosophischem Denken lässt sich am ehesten auf die Jahrhunderte I bis IV datieren. In diesen Jahrhunderten konkurrierten die philosophischen Schulen der Stoiker, Epikureer und Neuplatoniker, die auf dem alten, heidnischen Boden gewachsen waren, mit den aufkommenden Keimen des neuen Glaubens und des neuen Denkens, die später die Grundlage der mittelalterlichen Theologie und Philosophie bildeten. Dabei versuchte das christliche Denken häufig, die Errungenschaften der antiken Philosophie, besonders des Neuplatonismus und des Stoizismus, zu assimilieren und in einen neuen, ihm fremden Kontext zu integrieren.

Die griechische Philosophie, wie wir gesehen haben, war mit dem polytheistischen (vielgötterischen) Heidentum verbunden und trug, trotz der Unterschiede zwischen den einzelnen Lehren, letztlich einen kosmologischen Charakter, da das Ganze, in das alles Sein — auch der Mensch — einbezogen war, die Natur darstellte.

Was die philosophische Gedankenwelt des Mittelalters betrifft, so wurzelt sie in den monotheistischen Religionen. Zu diesen Religionen gehören das Judentum, das Christentum und der Islam, und es ist gerade mit ihnen verbunden, dass sich sowohl die europäische als auch die arabische Philosophie des Mittelalters entwickelten. Das mittelalterliche Denken ist im Wesentlichen theozentrisch: Die Realität, die alles Seiende bestimmt, ist für es nicht die Natur, sondern Gott.

Der christliche Monotheismus beruht auf zwei wesentlichen Prinzipien, die dem religiös-mythischen Bewusstsein und entsprechend dem philosophischen Denken der heidnischen Welt fremd sind: der Idee der Schöpfung und der Idee der Offenbarung. Beide sind eng miteinander verbunden, da sie einen einzigen persönlichen Gott voraussetzen. Die Idee der Schöpfung bildet die Grundlage der mittelalterlichen Ontologie (Lehre vom Sein), während die Idee der Offenbarung das Fundament der Erkenntnistheorie darstellt. Daraus ergibt sich die umfassende Abhängigkeit der mittelalterlichen Philosophie von der Theologie und aller mittelalterlichen Institutionen von der Kirche.