Das Verhältnis von Biologischem und Sozialem - Die Natur des Menschen - Der Mensch als besondere Form des Seins

Ein Leitfaden zur Philosophie: Ein Blick auf Schlüsselkonzepte und Ideen - 2024

Das Verhältnis von Biologischem und Sozialem

Die Natur des Menschen

Der Mensch als besondere Form des Seins

Bereits Aristoteles nannte den Menschen das “politische Tier“ und hob damit seine gleichzeitige Eingebundenheit sowohl in die biologische als auch in die soziale Sphäre hervor. Später stellten sich die Fragen, wie diese Sphären miteinander in Beziehung stehen, welche von ihnen die bestimmende Rolle in der Entwicklung des Menschen und seiner Fähigkeiten spielt. Diese Fragen beschäftigen die Wissenschaftler bis heute in lebhaften Diskussionen.

Als Teil der Natur und als besondere biologische Art — Homo sapiens — ist der Mensch durch eine biologische Vorbestimmtheit vieler Merkmale seiner Art gekennzeichnet, etwa in Bezug auf seine durchschnittliche Lebenserwartung, seine Begabung in verschiedenen Tätigkeiten oder seine Zugehörigkeit zu bestimmten Rassen.

Gleichzeitig zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass der Mensch von Anfang an keine biologische Vorbestimmung zu einer bestimmten Lebensweise hatte, wie es bei Tieren der Fall ist. Die morphologische Struktur des Menschen ist so beschaffen, dass sie ihm die Ausübung jeglicher Art von Tätigkeit ermöglicht. Dies gibt ihm die Möglichkeit, nicht als ein in sich geschlossenes, sondern als ein “für die Welt geöffnetes“ Wesen aufzutreten, das in seinen schöpferischen Möglichkeiten und Ausdrucksformen universal ist.

Im Verlauf der historischen Entwicklung des Menschen blieb sein Körper im Wesentlichen derselbe; einzelne Veränderungen fanden nur sehr langsam statt und hatten keine grundlegende Bedeutung. Sogar das durchschnittliche Volumen des Gehirns des modernen Menschen ist das gleiche wie das der Cro-Magnon-Menschen und Neandertaler — etwa 1400 cm³. Laut einigen Quellen hat sich das Gehirnvolumen jedoch von 1450 cm³ bei den Neandertalern auf 1375 cm³ (im Durchschnitt) beim modernen Menschen verringert, was mit der stärkeren Entwicklung der Assoziationszentren in den fronto-temporalen Bereichen des Gehirns zusammenhängt.

Es sei darauf hingewiesen, dass das Gehirn des modernen Menschen stark im Gewicht variieren kann. Laut den vorhandenen Daten hatte Byron das schwerste Gehirn mit 2239 g, Turgenev wog 2012 g, und A. France hatte nur 1017 g. Das bedeutet jedoch nicht, dass die ersten beiden in jeder Hinsicht talentierter waren als der letzte. Diese Daten zeigen lediglich, dass es nicht um das Gewicht des Gehirns oder sogar um die Anzahl seiner Nervenzellen geht, sondern um die Zahl und Qualität der Verbindungen zwischen ihnen.

Laut Physiologen nutzt der Mensch nur ein Zehntel der Möglichkeiten seines Gehirns, obwohl der Informationsfluss, den der moderne Mensch verarbeitet, und die Fähigkeit, Aufgaben zu lösen, die damit verbunden sind, die entsprechenden Parameter der jüngeren Vergangenheit weit übertreffen. Dies lässt den Schluss zu, dass die weitere Evolution des Gehirns nicht durch die Zunahme der Nervenzellen und des Gehirngewichts voranschreiten wird, sondern durch die Nutzung verborgener Reserven: etwa durch die Verkomplizierung der Verbindungen zwischen den Zellen und deren sinnvolleren Einsatz, vor allem jedoch durch die Entwicklung jener Gehirnregionen, die für komplexe logische Operationen zuständig sind.

Das Biologische im Menschen existiert nicht parallel zum Sozialen, sondern innerhalb der sozialen Sphäre selbst. Durch die menschliche Tätigkeit wurde das Biologische in hohem Maße (wenn auch nicht vollständig) modifiziert und erreichte in vielerlei Hinsicht ein höheres Entwicklungsniveau als bei anderen Vertretern der Tierwelt. Während die biologischen Strukturen und Funktionen des menschlichen Körpers viele Ähnlichkeiten mit denen höherer Tiere aufweisen, enthalten sie gleichzeitig etwas wesentlich Neues, das als Ergebnis der menschlichen Arbeitstätigkeit entstanden ist. Wenn Tiere ihrer biologisch vorgegebenen Lebensweise treu bleiben, so liegt der Vorteil des Menschen darin, dass seine Lebensweise unter der Kontrolle seines Bewusstseins und Willens steht und er gelernt hat, nicht nur für die Befriedigung seiner unmittelbaren physiologischen Bedürfnisse zu produzieren, sondern auch für andere Menschen. Aus diesem Grund erhält der von Menschen geschaffene Gegenstand gesellschaftlich bedeutsame Eigenschaften, und die Bedürfnisse sowie die Sinneswahrnehmung entwickeln sich zunehmend und werden “menschlicher“.

Dieser Aspekt sollte bei der Betrachtung von Konzepten berücksichtigt werden, die die Rolle des biologischen Faktors im Leben des Menschen absolut setzen und die Möglichkeit einer Verbesserung des Menschen durch genetische Methoden in Erwägung ziehen. Die tatsächliche Möglichkeit, in die Mechanismen der menschlichen Vererbung einzugreifen, eröffnet Perspektiven für die Behandlung vererbbarer Krankheiten und den Schutz der Erbmechanismen vor schädlichen Einflüssen wie Strahlung, bestimmten chemischen Verbindungen und anderen schädlichen äußeren Faktoren. Gleichzeitig warnen viele Wissenschaftler jedoch vor den Gefahren eines Eingriffs in die menschliche Erblichkeit, wenn dieser ohne die nötige wissenschaftliche und experimentelle Grundlage erfolgt und ohne eine Einschätzung der potentiellen, nicht nur natürlichen, sondern auch sozialen Folgen.

Somit stellt der Mensch eine komplexe bio-soziale Struktur dar, die ein breites Spektrum seiner Lebensweise umfasst — von der physiologischen bis zur sozialen. Das Biologische und das Soziale sind zwei stabile Komponenten (Unterstrukturen), die die Struktur des Menschen als ein Ganzes bilden. Ein organisches Ganzes (Struktur) entsteht erst, wenn zwischen den Ausgangskomponenten ein System stabiler innerer Verbindungen gebildet wird, und auf dieser Basis erhält das gesamte System seinen ganzheitlichen Charakter und neue Qualitäten. Das Verhältnis von Biologischem und Sozialem ist daher nicht als nebeneinanderstehend zu verstehen, sondern als hierarchisch untergeordnet, wobei das Soziale eine prioritäre, integrative und transformierende Rolle spielt.

Mit der Entwicklung des Denkens und der Sprache begann die Entstehung der Produktionsverhältnisse und sozial-ökonomischen Beziehungen als einer besonderen Stufe der Organisation der Materie — des sozialen Lebens. Das Besondere der sozialen Art der Materie liegt darin, dass sie im Gegensatz zur natürlichen Materie nicht ohne Bewusstsein existieren kann. Deshalb ist das gesellschaftliche Sein im Gegensatz zur natürlichen Welt nicht nur objektiv, sondern auch subjektiv-objektiv. Der Mensch ist die höchste Stufe der Organisation jener Materie, die sich selbst erkennt.